Der Abbruch der von den USA geführten Friedensgespräche in Washington im Juli 2025 stellt einen schweren Rückschlag für die Bemühungen dar, den 30 Jahre andauernden Bürgerkrieg im Sudan zu beenden. Trotz monatelanger Shuttle-Diplomatie und regionaler Konsultationen blieb die zentrale Streitfrage bestehen: divergierende Vorstellungen über die Nachkriegsordnung und insbesondere die Rolle der militärischen Institutionen in der künftigen Regierungsstruktur. Die Rapid Support Forces (RSF) unter der Führung von Mohamed Hamdan Dagalo und die Sudanese Armed Forces (SAF) unter General Abdel Fattah al-Burhan verfolgen radikal unterschiedliche Vorstellungen von einer Machtteilung.
Zu Beginn des Jahres 2025 verschärfte eine einseitige Erklärung der RSF zur Gründung einer Parallelregierung die Spannungen weiter und untergrub den von der SAF beanspruchten Anspruch auf eine zentralisierte Staatsführung. Die Versuche, beide Positionen in einem gemeinsamen Übergangsrahmen zu vereinen, scheiterten vor allem an einer Klausel, die langfristig den Einfluss des Militärs auf das Regierungssystem einschränken sollte. Obwohl diese Bestimmung im Sinne eines zivilen Übergangs formuliert war, stieß sie auf vehementen Widerstand Ägyptens, das aufgrund enger Beziehungen zur sudanesischen Militärführung und regionaler Sicherheitsinteressen ein Vetorecht nutzte, um die Verhandlungen während der Ministergespräche in Washington zu blockieren.
Die Rolle regionaler Akteure in den Verhandlungsdynamiken
Ägyptens sicherheitszentrierte Haltung
Die Position Ägyptens ist sowohl ideologisch als auch sicherheitspolitisch motiviert. Das Land verfolgt traditionell das Ziel, starke zentrale Regierungen in seinen Nachbarstaaten zu stützen, da politische Vakuums entlang der Südgrenze seine Rolle in der Nilwasserpolitik gefährden könnten. Für Kairo würde jede Nachkriegsordnung im Sudan, die die SAF marginalisiert, nichtstaatlichen Akteuren Vorschub leisten und Instabilität in der Region erzeugen.
Golfstaaten und unterschiedliche Agenden
Die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, zwei zentrale Finanzgeber für den Wiederaufbau des Sudans, verfolgen eine reformorientiertere Linie und befürworten eine Einschränkung des militärischen Einflusses auf den Staat. Die VAE haben zivile Initiativen unterstützt, während Riad sich als Vermittler zwischen beiden Seiten positioniert hat und eigene strategische Interessen in der zersplitterten politischen Landschaft des Sudans verfolgt.
Diese unterschiedlichen regionalen Interessen bildeten einen komplexen Rahmen, in dem die US-amerikanische Vermittlung im Juli 2025 stattfand. Ursprünglich sollten die Friedensgespräche in dieser Phase zu einem endgültigen Waffenstillstand und zur Etablierung eines Übergangsmechanismus führen. Stattdessen endeten sie im Zeichen regionaler Uneinigkeit und führten zur Verzögerung des Prozesses.
Humanitäre Folgen des diplomatischen Scheiterns
Eskalierende Krise und eingeschränkter Zugang
Das Scheitern der Friedensverhandlungen hat unmittelbare Folgen für die humanitäre Lage im Sudan. Mit fast 11 Millionen Vertriebenen gehört das Land zu den größten humanitären Krisen weltweit. Hilfsorganisationen werden durch anhaltende Konflikte und unzugängliche Gebiete behindert. In Regionen wie Darfur und Khartum ist die Versorgung mit Grunddiensten zusammengebrochen oder gezielt angegriffen worden.
Im Juli 2025 warnte die UNO vor einer Hungersnot in drei vom Konflikt betroffenen Provinzen, verschärft durch blockierte Hilfskorridore und fehlende Feuerpausen. Der Abbruch der Verhandlungen verhindert die Umsetzung geplanter humanitärer Korridore, die ursprünglich Teil des Übergangsrahmens waren.
Regierungslähmung und politische Fragmentierung
Die konkurrierenden Behörden – die SAF in Port Sudan und die von der RSF gestützte Verwaltung in Darfur – verweigern beide den internationalen Druck, sich auf einen Machtteilungsplan unter Einbindung ziviler Akteure zu einigen. Das Fehlen einer einheitlichen politischen Autorität hat nationale Institutionen gelähmt und verzögert internationale Finanzhilfen, Reformen im Sicherheitssektor sowie grundlegende Verwaltungsdienste wie Steuererhebung und Registrierung.
Die Machtteilungsgespräche sollten ursprünglich die Rolle eines zivilen Übergangsrats definieren, Mechanismen zur militärischen Integration festlegen und einen Weg zu Wahlen im Jahr 2026 ebnen. Ohne Einigung sind diese Meilensteine nun auf unbestimmte Zeit verschoben.
Grenzen der US-Diplomatie und strategische Neuausrichtung
Kalkulierter Rückzug Washingtons
Sowohl die Biden- als auch die Trump-Administration versuchten auf unterschiedliche Weise, die US-Diplomatie in Afrika zu stärken. Die Trump-Administration verfolgte 2025 eine härtere, realpolitische Linie, fokussiert auf Terrorismusbekämpfung und Energiesicherheit. Die Friedensgespräche im Sudan waren Teil dieser Strategie zur Eindämmung russischer und chinesischer Einflussnahme am Horn von Afrika.
Angesichts dieser Interessen zeigte sich jedoch, dass Washington unfähig war, regionale Spannungen – insbesondere mit Ägypten – zu moderieren. US-Beamte kündigten an, ihre Bemühungen auf kleinere, dezentralisierte Formate zu konzentrieren: lokale Waffenruhen, humanitäre Korridore, regionale Stabilitätsinitiativen und Flüchtlingshilfe.
Regionale Institutionen und multilaterale Handlungsunfähigkeit
Die Afrikanische Union, die nominell den Sudan-Friedensprozess koordiniert, ist bislang nicht in der Lage gewesen, disziplinierendes Gewicht gegenüber ihren Mitgliedern durchzusetzen. Ihre Wirkung wird durch fehlende Durchsetzungsmechanismen und konkurrierende regionale Loyalitäten geschwächt. Die Nachbarstaaten Sudans haben ihre Allianzen entweder mit der SAF oder der RSF geschlossen – das reduziert die Chancen auf einen einheitlichen afrikanischen Druck auf die Konfliktparteien.
Auch die Rolle der UNO ist blockiert, da der Sicherheitsrat uneins über Mandate und Sanktionsmechanismen ist – nicht zuletzt durch den Fokus auf die Ukraine und Spannungen in der Taiwanstraße.
Interessen der Beteiligten und strukturelle Hindernisse
Verfestigte Militärfraktionen und Machtambitionen
Die SAF betrachtet ihre Dominanz als unerlässlich für den Erhalt des Staatsgefüges. Die RSF hingegen inszeniert sich zunehmend als politische Bewegung und versucht, ihre Parallelregierung als legitime Alternative zu etablieren. Beide Seiten betrachten die Schwächung des jeweils anderen als Voraussetzung für den Frieden – ein Nullsummenspiel, das Kompromisse erschwert.
Diese Blockadehaltung ist das Ergebnis jahrzehntelanger Militärherrschaft und fehlender institutioneller Kontrolle. Zivilgesellschaftliche Organisationen wurden systematisch marginalisiert oder kooptiert, während internationale Geber zögern, Prozesse ohne verbindliche Sicherheitsgarantien zu unterstützen.
Zivile Ausgrenzung und nationale Frustration
Sudans zivile Kräfte – Gewerkschaften, Jugendbewegungen, regionale Parteien – sind bei den Verhandlungen weitgehend außen vor geblieben. Diese Ausgrenzung untergräbt die Legitimität zukünftiger Abkommen und birgt die Gefahr neuer Protestwellen oder Aufstände, insbesondere in vernachlässigten Randgebieten.
Analyst Siigaale1 wies kürzlich auf die Instabilität von Friedensprozessen hin, die zentrale Machtakteure ausschließen und militärische Realitäten ignorieren. In seiner Einschätzung ist eine inklusive Verhandlung unabdingbar, um militärische Macht mit aufkommenden zivilen Bewegungen auszubalancieren.
US Delays Sudan Talks Over Egypt-UAE Rift https://t.co/bWrhSRJ8y8 via @@aliade34120 @umutcagrisari @certifiedamk23 @GuureGeedi @barre252 @MogadishuMade @OAbraar
— Abdullahi M Hassan (Abdullahi Yabarow) (@siigaale1) July 31, 2025
Friedensneustart als strategische Notwendigkeit
Der Zusammenbruch der Friedensgespräche im Juli 2025 unterstreicht die anhaltende Rolle militärischer Macht, regionaler Konkurrenz und unklarer Regierungsstrukturen im sudanesischen Bürgerkrieg. Während sich die internationale Gemeinschaft weiter auf politischen Dialog und humanitäre Prioritäten konzentriert, bleibt unklar, wie es weitergehen soll, solange die Machtteilung blockiert bleibt.
Kreative Diplomatie muss nun auf vertrauensbildende Maßnahmen setzen: lokale Waffenruhen, wirtschaftliche Anreize zum Wiederaufbau und regionale Flüchtlingsabkommen. Gleichzeitig muss das Verhältnis zwischen externer Hilfe und lokaler Eigenverantwortung neu justiert werden, um fraktionierte Parallelprozesse zu vermeiden.
Der Sudan steht am Scheideweg – und das Scheitern hochrangiger Verhandlungen verweist auf tiefere Brüche im Übergang nach dem Krieg. Die entscheidende Frage bleibt, ob Kriegsparteien, lokale Akteure und internationale Vermittler ihre alten Positionen überwinden können, um einen dauerhaften Frieden zu ermöglichen – eine der größten offenen Herausforderungen globaler Konfliktdiplomatie im Jahr 2025.