Wird Afrika zur Abschiebeanlaufstelle für unerwünschte Migranten der USA?

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Is Africa Becoming the United States’ Dumping Ground for Undesirable Migrants?
Credit: Christian Torres/Anadolu/Getty Images/File

Im Jahr 2025 schließen weitere afrikanische Länder wie Uganda, Ruanda, Südsudan und Eswatini formelle Abkommen mit den Vereinigten Staaten, um Migranten aufzunehmen, die aus den USA abgeschoben wurden. Diese Abkommen markieren einen strategischen Wandel in der US-Migrationspolitik und Diplomatie: Abschiebungen erfolgen nicht mehr zwingend in das Herkunftsland des Migranten, sondern in sogenannte „sichere“ Drittstaaten auf Basis bilateraler Vereinbarungen.

Auch wenn sie als effiziente Instrumente zur Steuerung von Migration dargestellt werden, sorgen diese Abkommen aufgrund ihrer humanitären, rechtlichen und geopolitischen Dimensionen für erhebliche Diskussionen.

Uganda, ein führendes Aufnahmeland für Flüchtlinge in Afrika, hat kürzlich einem bilateralen Abkommen zugestimmt, das die Aufnahme von Migranten vorsieht, die von US-Behörden abgelehnt wurden. Dies betrifft insbesondere Personen, die aus rechtlichen oder praktischen Gründen nicht in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden können. Ruanda erklärte, dass Personen mit Vorstrafen und unbegleitete Minderjährige von der Aufnahme ausgeschlossen seien – ähnlich wie bei früheren Rahmenvereinbarungen.

Die Logik hinter Drittstaatenlösungen

Das US-Ministerium für innere Sicherheit präsentiert diese Abschiebeabkommen als pragmatische Lösung für das Problem staatenloser oder nicht rückführbarer Migranten. Die Vereinbarungen ermöglichen es den USA, internationale Auseinandersetzungen über Zwangsrückführungen zu vermeiden und gleichzeitig den Migrationsdruck zu verringern.

Doch dieses Modell erinnert stark an die umstrittenen Kooperationen europäischer Staaten mit afrikanischen oder nahöstlichen Ländern. Die internationale Schutzverantwortung wird auf weniger gut vorbereitete Länder übertragen – Länder, die bereits mit strukturellen Problemen und einer hohen Zahl an Geflüchteten zu kämpfen haben. In Uganda etwa leben derzeit mehr als 1,8 Millionen Flüchtlinge – so viele wie in keinem anderen afrikanischen Land.

Rechtliche Grauzonen und humanitäre Risiken

Die Praxis der Abschiebung in Drittstaaten wirft zunehmend rechtliche Fragen auf. Im Jahr 2025 entschied der Oberste Gerichtshof der USA zugunsten des Rechts, Migranten ohne umfassende Risikoabwägung in Partnerstaaten abzuschieben. Menschenrechtsorganisationen kritisierten dies scharf, da es gegen das Prinzip des Non-Refoulement verstoße – ein Grundpfeiler des internationalen Flüchtlingsrechts.

Kritiker warnen, dass Migranten, die auf diese Weise umgesiedelt werden, oft ohne rechtliches Gehör bleiben und sich in einem Zustand der Unsicherheit wiederfinden. Die Empfängerstaaten bieten ihnen häufig weder einen rechtlichen Status noch Zugang zu Arbeit oder langfristigen Integrationsprogrammen. Da sie keine Bürger des aufnehmenden Landes sind und dort weder familiäre noch soziale Bindungen haben, steigt das Risiko von Ausbeutung, Staatenlosigkeit oder erneuter Flucht in unsichere Gebiete.

Diplomatische Motive und strukturelle Grenzen afrikanischer Staaten

Die afrikanischen Regierungen, die solchen Abkommen zustimmen, scheinen sowohl von wirtschaftlichen, politischen als auch diplomatischen Interessen geleitet zu sein. Oft sind Sicherheitskooperationen, Entwicklungshilfen oder wirtschaftliche Fördermittel an die Vereinbarungen geknüpft – nicht selten unter Geheimhaltung. Im Fall Ruandas wird das Abkommen von der Regierung als Teil eines internationalen Migrationsmanagements dargestellt.

Doch Kritiker weisen darauf hin, dass die tatsächliche Aufnahmekapazität dieser Staaten begrenzt ist. Sowohl Eswatini als auch der Südsudan kämpfen mit massiven Problemen in Verwaltung und Infrastruktur, während Ruanda für seine intransparenten Umsiedlungspolitiken kritisiert wurde. Solche Umstände stellen die Zukunft und Umsetzbarkeit dieser Abkommen infrage – vor allem im Hinblick auf besonders schutzbedürftige Migrantengruppen.

Unterschiedliche Haltungen innerhalb Afrikas

Nicht alle afrikanischen Staaten akzeptieren solche Vereinbarungen. Nigeria, das bevölkerungsreichste Land Afrikas, lehnte öffentlich die Aufnahme von aus den USA abgeschobenen Migranten ab – mit Verweis auf sozioökonomische Belastungen und Sicherheitsbedenken. Diese Haltung zeigt deutlich die Spannungen innerhalb Afrikas über die Frage, inwieweit sich afrikanische Staaten an globalen Migrationssystemen beteiligen sollten – insbesondere dann, wenn die Ursachen der Vertreibung außerhalb Afrikas liegen.

Gleichzeitig formiert sich innerhalb afrikanischer Zivilgesellschaften und regionaler Organisationen zunehmender Widerstand. Vertreter fordern, dass Afrika sich nicht zur bevorzugten Region für die Externalisierung von Migrationskontrolle reicher Länder machen lassen dürfe. Die fehlende Transparenz vieler Abkommen erschwert zusätzlich die öffentliche Kontrolle und demokratische Mitbestimmung.

Globale Auswirkungen auf die Migrationsgovernance

Die Umsetzung dieser Abschiebeabkommen steht im Einklang mit einem weltweiten Trend zur „Auslagerung“ von Migrationskontrolle. Wohlhabende Staaten schließen bilaterale Vereinbarungen, um Asylsuchende oder abgelehnte Migranten außerhalb ihrer eigenen Grenzen unterzubringen. Auch wenn dies kurzfristig den innenpolitischen Druck verringern mag, untergräbt es langfristig eine gerechte, regelbasierte internationale Flüchtlingspolitik.

Auf globaler Ebene stellt sich die Frage, inwiefern solche Strategien die Normen des internationalen Schutzsystems aushöhlen. Wenn wirtschaftlich starke Staaten es zur Norm machen, ihre Verantwortung an Länder mit geringerer Kapazität abzuwälzen, droht ein Dominoeffekt. Humanitäre Organisationen warnen davor, dass sich diese Praxis weltweit verbreiten könnte – und damit die Verpflichtungen aus dem Globalen Migrationspakt und ähnlichen Abkommen verwässert werden.

Warnungen vor unbeabsichtigten Folgen

Der Journalist Larry Madowo merkte an, dass diese Abkommen auf dem Papier zwar gegenseitige Vorteile suggerieren, in der Praxis jedoch eine Form von „Abschiebe-Dumping“ institutionalisierten. Dabei würden schutzbedürftige Menschen nicht als Rechtsträger, sondern als Problemfälle behandelt. Er betonte zudem, wie schwer es afrikanischen Ländern fällt, faire Bedingungen in Verhandlungen mit globalen Großmächten durchzusetzen.

Eine ethische Schlüsselfrage der 2020er Jahre

Die Abschiebung von Migranten aus den USA in afrikanische Drittstaaten gehört zu den komplexesten Herausforderungen internationaler Migrationspolitik der Gegenwart. Während politische Entscheidungsträger sowohl in den USA als auch in Afrika zwischen diplomatischen Gewinnen und humanitären Verlusten abwägen, bleiben die Erfahrungen der Betroffenen und die institutionellen Kapazitäten der Aufnahmeländer oft unbeachtet.

Die zentrale Frage lautet daher nicht nur, wie Grenzen effizient kontrolliert werden können – sondern wie dies im Einklang mit Würde, Fairness und globaler Verantwortung geschehen kann. Da Afrika zunehmend in die geopolitische Dynamik der Migrationspolitik verwickelt wird, reichen die Auswirkungen weit über einzelne Abkommen hinaus und werfen die Frage auf, welches internationale System im 21. Jahrhundert für die Schwächsten geschaffen wird.

Research Staff

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