Belastung oder Vorteil? Ugandas Rolle in der US-Drittstaaten-Abschiebestrategie

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Burden or Benefit? Uganda’s Role in the US Third-Country Deportation Strategy
Credit: Getty Images

Uganda hat eine Vereinbarung mit den Vereinigten Staaten getroffen, abgeschobene Migranten aufzunehmen, die in den USA kein Asyl erhalten und nicht in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden können.

Damit wird Uganda zum Zentrum der globalen Drittstaaten-Abschiebepolitik der USA, bei der schwer abschiebbare Migranten in aufnahmebereite Länder umgesiedelt werden. Obwohl dieses Abkommen als humanitäre Übergangslösung dargestellt wird, zeigen sich nun tiefgreifende Auswirkungen auf die Migrationslandschaft und Ugandas internationales Profil.

Die ugandische Regierung erklärte, dass unter diesem Abkommen nur Migranten ohne kriminellen Hintergrund aufgenommen werden und unbegleitete Minderjährige ausdrücklich ausgeschlossen sind. Es handelt sich dabei überwiegend um Migranten afrikanischer Herkunft, was laut den ugandischen Behörden eine kulturelle und demografische Nähe gewährleisten soll. Die genauen rechtlichen Rahmenbedingungen, Siedlungsregelungen und die Koordination mit lokalen Behörden sind derzeit noch Verhandlungssache.

Diplomatische Beweggründe hinter Ugandas Entscheidung

Ugandas Bereitschaft, abgeschobene US-Migranten aufzunehmen, ist Teil einer größeren diplomatischen Strategie. Die Regierung in Kampala hofft, durch diese Zusammenarbeit geopolitische und wirtschaftliche Vorteile zu erzielen – etwa Entwicklungshilfe, Handelsvergünstigungen und sicherheitspolitische Kooperationen. Präsident Yoweri Museveni verfolgt seit Jahren das Ziel, Uganda als verlässlichen Akteur in Sicherheits- und Migrationsfragen auf der internationalen Bühne zu positionieren.

Die Vereinbarung entspricht gleichzeitig dem amerikanischen Bestreben, ein breites Netzwerk an Abschiebezielen aufzubauen. Angesichts wachsender rechtlicher und logistischer Hürden bei Rückführungen in Herkunftsländer – sei es wegen instabiler Lage oder verweigerter Aufnahme – bieten Drittstaatenoptionen eine Möglichkeit für die USA, ihre Grenzen über das eigene Staatsgebiet hinaus zu „verlängern“ und ihre Abschiebepolitik durchzusetzen, ohne das Rückführungsverbot (Non-Refoulement) zu verletzen. Ugandas Bereitschaft erfüllt somit einen zentralen Pfeiler der Migrationskontrollstrategie der Biden-Administration.

Vergleich mit anderen afrikanischen Partnern

Uganda steht mit dieser Politik nicht allein. Auch Ruanda und Eswatini haben ähnliche, wenngleich kleinere Abkommen mit den USA geschlossen. Ruanda ergänzt das Programm durch Maßnahmen wie Berufsausbildung und Wohnangebote für die Deportierten, und stellt es als entwicklungsorientiertes Migrationsmodell dar. Im Gegensatz dazu trägt Uganda bereits eine deutlich höhere Last: Mitte 2025 lebten dort rund 1,7 Millionen Flüchtlinge – überwiegend aus Konfliktgebieten wie dem Südsudan oder der Demokratischen Republik Kongo.

Diese Belastung wirft Zweifel an Ugandas Kapazitäten auf, insbesondere hinsichtlich der Umsetzung solcher Vereinbarungen. Zwar betont die Regierung ihre Erfahrung im Umgang mit Katastrophenvertriebenen, doch unterscheidet sich die neue Gruppe der US-Abgeschobenen stark von klassischen Flüchtlingen, was zusätzliche Herausforderungen schafft.

Humanitäre Auswirkungen von Drittstaaten-Überstellungen

Zunehmende Unsicherheit herrscht hinsichtlich Ugandas Fähigkeit, die abgeschobenen Personen angemessen unterzubringen – insbesondere im Hinblick auf Rechtsstatus, Wohnraum, medizinische Versorgung und wirtschaftliche Integration. Viele dieser Migranten wurden aufgrund strittiger Asylentscheidungen oder Verwaltungsabschiebungen deportiert und haben keine Verbindung zu Uganda. Ihre soziale Eingliederung ist daher fraglich.

Menschenrechtsorganisationen warnen, dass solche Abkommen die internationale Flüchtlingsschutzarchitektur untergraben, indem sie die Verantwortung für besonders schutzbedürftige Gruppen auf Länder abwälzen, die oft nicht die nötigen Strukturen besitzen. Ohne transparente Verfahren und verbindliche Schutzmaßnahmen könnten Deportierte in einen Zustand dauerhafter Unsicherheit, Haft oder illegalen Aufenthalts geraten – ohne rechtliche Garantien.

Soziale Spannungen und politische Risiken

Auch intern droht Uganda sozialer und politischer Widerstand. Sollten die Neuankömmlinge nicht erfolgreich integriert werden oder öffentliche Dienstleistungen überlastet sein, könnten Proteste oder Spannungen entstehen, die die innenpolitische Stabilität und Nachhaltigkeit des Abkommens gefährden. Zwar zeigte sich die ugandische Bevölkerung bisher aufnahmebereit gegenüber Flüchtlingen, jedoch wird die Aufnahme von abgeschobenen US-Migranten stark politisiert und anders wahrgenommen.

Internationale Hilfsorganisationen empfehlen den USA, solche Abkommen durch umfassende Unterstützungspakete zu begleiten – einschließlich Infrastruktur für Umsiedlung, psychosoziale Hilfe und Rechtsberatung. Bis August 2025 blieben Informationen über US-Investitionen im Rahmen dieses Abkommens jedoch unklar, und es bestehen Zweifel an der Ressourcenausstattung.

Regionale Dynamik und unterschiedliche nationale Reaktionen

Afrikas Reaktionen auf die Drittstaaten-Abkommen der USA sind gespalten. Nigeria hat ein solches Modell abgelehnt und verweist auf mangelnde Aufnahmekapazitäten und innenpolitische Prioritäten. Ghana und Kenia führen derzeit Gespräche, haben jedoch noch keine endgültigen Entscheidungen getroffen und prüfen die Abkommen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft.

Diese divergierenden Reaktionen spiegeln Unterschiede in wirtschaftlicher Stärke, diplomatischer Ausrichtung und bürgergesellschaftlicher Partizipation wider. Uganda nimmt in dieser Debatte eine Doppelrolle ein: einerseits als Partner der USA, andererseits als Beispiel für die Externalisierung der Migrationspolitik. Ob sich daraus ein positiver Präzedenzfall oder ein problematisches Modell entwickelt, bleibt abzuwarten.

Internationale Organisationen und Kontrollprobleme

UNHCR und IOM haben wiederholt betont, dass die Rechte von deportierten Personen auch bei Drittstaatenüberstellungen uneingeschränkt gewahrt bleiben müssen. Sie fordern robuste Verfahren und klar definierte Schutzstandards, um zu vermeiden, dass internationale Verpflichtungen durch bilaterale Deals ausgehöhlt werden. Beide Organisationen verhandeln derzeit mit ugandischen Behörden über Mindeststandards für das Wohlergehen der Deportierten.

Diese Person hat sich zum Thema geäußert und die humanitären wie diplomatischen Konsequenzen Ugandas Entscheidung hervorgehoben:

Sein Kommentar unterstreicht die schwierige Balance Ugandas zwischen internationaler Kooperation und nationaler Verantwortung – ein Spiegelbild der globalen Migrationsdebatte.

Ein Testfall für globale Migrationspartnerschaften

Ugandas Rolle in der US-Drittstaaten-Abschiebestrategie ist mehr als ein bilateraler Vorgang. Sie steht exemplarisch für die Transformation globaler Migrationspartnerschaften. Im Zentrum stehen grundlegende Fragen zu Souveränität, humanitären Pflichten und gerechter Lastenverteilung. Angesichts von Klimawandel, regionalen Konflikten und globaler Ungleichheit dürften solche Drittstaatenmodelle in Zukunft zunehmen – vor allem, wenn große Länder ihre Grenzschutzpolitik weiter externalisieren.

Die Tragfähigkeit und humanitären Auswirkungen solcher Vereinbarungen werden davon abhängen, wie gut Länder wie Uganda die Integration der Deportierten meistern – und ob die unterstützenden Staaten ausreichende Mittel und Aufsicht bereitstellen. Insgesamt stellt das Modell eine Herausforderung für die internationale Migrationspolitik dar, die sich auf Menschenwürde, Fairness und rechtsstaatliche Prinzipien stützt.

Ugandas sich entwickelnde Rolle lädt dazu ein, über die Machtverhältnisse in der globalen Migrationspolitik nachzudenken. Ob sich die Beteiligung des Landes letztlich als strategischer Gewinn oder als humanitäre Belastung erweist, wird nicht nur seinen Platz in der internationalen Ordnung der 2020er-Jahre definieren, sondern auch die ethischen Maßstäbe grenzüberschreitender Migrationskontrolle.

Research Staff

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