Die Grenzen amerikanischer Militärhilfe und Waffenverkäufe an Israel 2025

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
The limits of military aid: Reconsidering offensive weapons sales to Israel
Credit: responsiblestatecraft.org

Seit 1946 haben die Vereinigten Staaten Israel rund 174 Milliarden US-Dollar an bilateraler Hilfe zur Verfügung gestellt. Die im Jahr 2016 unterzeichnete Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) sieht Militärhilfe in Höhe von 38 Milliarden US-Dollar für den Zeitraum 2019 bis 2028 vor. Ziel ist es, Israels „qualitativen militärischen Vorteil“ gegenüber anderen Akteuren in der Region dauerhaft zu sichern.

Im Jahr 2025 bestehen aktive Verträge im Rahmen des Foreign Military Sales (FMS)-Programms im Gesamtwert von 39,2 Milliarden US-Dollar. Dazu zählen hochmoderne Kampfflugzeuge wie die F-15IA sowie eine breite Palette präzisionsgelenkter Raketen und Munition. Nach den Angriffen der Hamas am 7. Oktober 2023 beschleunigten die USA ihre militärischen Lieferungen an Israel deutlich. Geliefert wurden unter anderem Tausende lasergeführte Bomben, bunkerbrechende Munition und Artilleriegeschosse eine der schnellsten Zunahmen der Militärhilfe in der Geschichte der bilateralen Beziehungen. Innerhalb eines Jahres belief sich die direkte militärische Unterstützung auf rund 17,9 Milliarden US-Dollar.

Die Eskalation der Lieferungen verdeutlicht nicht nur strategisches Engagement für Israels Sicherheit, sondern auch ein wachsendes Interesse an der Ausweitung offensiver Kapazitäten. Die Verschiebung von einer rein defensiven zu einer offensiven Ausrichtung wirft Fragen nach dem langfristigen strategischen Gleichgewicht im Nahen Osten auf.

Zunehmende Kritik und rechtliche Bedenken

Der Einsatz amerikanischer Waffen in dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens sorgt international für Kritik. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International dokumentieren schwere zivile Verluste und die Zerstörung grundlegender Infrastruktur infolge von Luftangriffen mit US-Munition. Dies hat unabhängige Untersuchungen zu möglichen Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht ausgelöst.

Auch UN-Sonderberichterstatter warnten im Januar 2025, dass die anhaltenden Waffenlieferungen der USA als Beihilfe zu möglichen Kriegsverbrechen gewertet werden könnten. Die daraus resultierenden Risiken reichen über Imageschäden hinaus und betreffen mögliche rechtliche Konsequenzen gemäß internationaler Verträge zum Waffenhandel und US-Gesetzen zur Exportkontrolle.

Kongress fordert stärkere Kontrolle und Rechenschaft

Im US-Kongress regt sich parteiübergreifend Widerstand gegen die unkontrollierte Lieferung von Offensivwaffen an Israel. Seit Ende 2024 haben Senator Bernie Sanders und Abgeordnete Barbara Lee mehrere Resolutionen eingebracht, um bestimmte Waffenpakete zu blockieren, insbesondere Verkäufe von F-15IA-Jets und Präzisionsmunition.

Allein zwischen Dezember 2024 und April 2025 wurden sechs solcher Resolutionen eingebracht ein deutlicher Anstieg der legislativen Opposition. Gegner der Lieferungen verweisen auf durchgesickerte Berichte aus dem US-Außenministerium, wonach Warnungen vor Missbrauch ignoriert wurden. Die fehlende umfassende Kontrolle der Endverwendung erhöht den Druck auf eine Reform des Genehmigungsprozesses für Waffenexporte.

Strategische Argumente versus politische Risiken

Die US-Regierung begründet ihre Politik mit Israels gesetzlich verankertem Anspruch auf einen qualitativen militärischen Vorsprung (QME). Dieses Prinzip, 2008 ins US-Recht aufgenommen, soll sicherstellen, dass Israel jeder konventionellen Bedrohung mit minimalem Schaden begegnen kann. Die Biden-Regierung beruft sich 2025 auf dieses Prinzip, um den beschleunigten Export modernster Waffensysteme zu rechtfertigen, insbesondere angesichts zunehmender Spannungen mit Hisbollah und pro-iranischen Milizen.

Doch die Auslegung des QME hat sich verändert. Der Fokus liegt nicht mehr allein auf Verteidigung, sondern zunehmend auf präventiven und offensiven Einsätzen. Dadurch verwischen die Grenzen zwischen Abschreckung und Eskalation, was sowohl in Washington als auch international kritisch gesehen wird.

Sinkende öffentliche Unterstützung in den USA

Laut einer Pew-Umfrage von Mitte 2025 lehnt erstmals seit den Angriffen von Oktober 2023 eine Mehrheit der US-Bevölkerung rund 60 Prozent die umfangreiche Militärhilfe an Israel ab. Hauptgründe sind zivile Opfer, wirtschaftliche Sorgen und eine generelle Erschöpfung gegenüber militärischen Auslandseinsätzen.

Diese Stimmung hat politischen Einfluss, insbesondere mit Blick auf die Zwischenwahlen 2026. Kandidaten in umkämpften Wahlkreisen sehen sich zunehmend gezwungen, klare Positionen zur US-Israel-Politik zu beziehen. Die Forderung nach diplomatischen statt militärischen Lösungen gewinnt an Bedeutung.

Auswirkungen auf die US-Außenpolitik und Friedensverhandlungen

Die massiven US-Waffenlieferungen an Israel erschweren die Rolle Washingtons als neutraler Vermittler im Nahost-Friedensprozess. Während sich die USA offiziell weiterhin zur Zwei-Staaten-Lösung bekennen, untergräbt die militärische Partnerschaft mit Israel ihre Glaubwürdigkeit bei palästinensischen Akteuren und anderen regionalen Akteuren.

Denkfabriken wie J Street und die Carnegie Endowment for International Peace fordern, die Waffenlieferungen an Bedingungen zu knüpfen. Eine Begrenzung offensiver Systeme insbesondere Boden-Luft-Raketen und schwere Artillerie könne ein Signal für die US-Verpflichtung zu friedlichen Lösungen und zum Schutz von Zivilisten sein.

Diplomatischer Einfluss versus sicherheitspolitische Verpflichtung

Die Biden-Regierung steht vor einem Dilemma: Einschränkungen bei Waffenlieferungen könnten das Verhältnis zu Israel belasten, vor allem wenn israelische Politiker auf existenzielle Bedrohungen verweisen. Gleichzeitig schwächt bedingungslose Unterstützung die US-Fähigkeit, Einfluss auf Israels Siedlungspolitik oder militärisches Verhalten zu nehmen.

Innerhalb des US-Außenministeriums wächst die Unterstützung für einen Kurswechsel: Verteidigungssysteme wie Iron Dome sollen weiter gefördert, aber offensive Systeme begrenzt werden. Einige hohe Beamte schlagen vor, Hilfen künftig an Menschenrechtskriterien zu knüpfen. Eine einheitliche Linie existiert jedoch bisher nicht.

Neuausrichtung der Militärhilfe als sicherheitspolitisches Gebot

Die Dimension der Waffenverkäufe an Israel im Jahr 2025 steht sinnbildlich für einen Wendepunkt der US-Außenpolitik. Die bisherige Gleichsetzung von Sicherheitspartnerschaft mit unbegrenzter Militärhilfe wird zunehmend rechtlich, moralisch und strategisch hinterfragt. Reformvorschläge reichen von verbesserter Endverbleibskontrolle über die verpflichtende Zustimmung des Kongresses bis hin zu Konditionalitätsklauseln in Exportverträgen.

Auch wenn die strategische Partnerschaft mit Israel weiterhin ein Pfeiler der US-Nahostpolitik bleibt, erfolgt zunehmend eine Neubewertung der Rahmenbedingungen. Der wachsende Druck aus dem Inland, internationale Rechtsnormen und ein sich wandelndes Konfliktumfeld erfordern flexiblere, verantwortungsvollere Modelle militärischer Unterstützung.

Die Frage, wie weit die USA bei der Militärhilfe gehen sollen, betrifft nicht nur das Verhältnis zu Israel. Sie berührt grundlegende Prinzipien internationaler Diplomatie, den Schutz des humanitären Völkerrechts und die Rolle der USA als globale Führungsmacht in einer sich wandelnden Weltordnung. Entscheidend wird sein, ob die US-Politik in der Lage ist, Rüstungshilfe an neue Realitäten anzupassen ohne ihre sicherheitspolitischen Interessen und moralischen Grundsätze aus den Augen zu verlieren.

Research Staff

Research Staff

Sign up for our Newsletter