Der African Growth and Opportunity Act (AGOA) ist seit seiner Einführung im Jahr 2000 die treibende Kraft der Handelsbeziehungen zwischen den USA und Afrika. Er gewährt förderfähigen Ländern südlich der Sahara zollfreien Zugang zum US-Markt und umfasst über 1.800 Produktlinien. Dies fördert die Diversifizierung der Wirtschaft, schafft Arbeitsplätze und steigert die Exportkapazitäten auf dem Kontinent. Bis 2025 beliefen sich die US-Exporte in die Region südlich der Sahara auf mehr als vierzehn Milliarden Dollar pro Jahr – mehr als das Doppelte im Vergleich zur Zeit vor AGOA.
Wichtige Branchen, die durch AGOA abgedeckt sind, umfassen medizinische Güter, Maschinen, Textilien und Landwirtschaft. Besonders der Export verarbeiteter Agrarprodukte und Bekleidung aus Afrika hat unter dem zollfreien Regime stark zugenommen. US-Hersteller wiederum profitieren von größeren Absatzmärkten für Maschinen, Fahrzeuge und Nahrungsmittel. Beschäftigung in US-Bundesstaaten wie Michigan und North Carolina, insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft und Automobil, lässt sich direkt auf den durch AGOA ermöglichten Handel zurückführen.
Da das bestehende Gesetz am 30. September 2025 ausläuft, herrscht in diplomatischen und wirtschaftlichen Kreisen große Sorge. Ein Wiedereinführen von Zöllen, die im Durchschnitt bei 15 % liegen, könnte Lieferketten zerstören und jahrelange Entwicklungsgewinne zunichtemachen. Obwohl 32 afrikanische Länder weiterhin förderfähig sind, nutzen nur 18 AGOA aktiv eine Inkonsistenz, die in den aktuellen Erneuerungsdebatten hervorgehoben wird.
Geopolitische Dimension und US-China-Rivalität in Afrika
Die Diskussion über die Erneuerung von AGOA ist Teil eines größeren strategischen Kalküls, insbesondere im Kontext des sich verschärfenden Wettbewerbs zwischen den USA und China in Afrika. Der Handel Chinas mit dem Kontinent wächst rasant und übersteigt mit mehr als 250 Milliarden Dollar jährlich den US-Afrika-Handel bei Weitem. Zudem investiert Peking massiv in afrikanische Infrastruktur-, Energie- und Digitalsektoren.
Ein ehemaliger nationaler Sicherheitsberater der Trump-Ära bezeichnete AGOA kürzlich als das wichtigste Soft-Power-Instrument der USA in Afrika. Diese Sichtweise hebt hervor, dass AGOA mehr als ein Handelsmechanismus ist – es dient auch als geopolitisches Engagement. Der Zugang zu afrikanischen Seltenen Erden und anderen wichtigen Mineralien wird für die US-Industrie als entscheidend für Verteidigungsversorgung, Elektrofahrzeuge und Halbleiter betrachtet.
Im April 2024 legten die Senatoren Chris Coons und James Risch das parteiübergreifende Gesetz zur Erneuerung und Verbesserung von AGOA vor, das eine Verlängerung bis 2041 vorsieht. Zwar zeigt dies, dass Afrika legislativ als strategisch wertvoll anerkannt wird, doch der Fortschritt ist schleppend. Diese Verzögerung birgt die Gefahr, ein Bild der Untätigkeit zu vermitteln insbesondere während Russland und China ihre bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika vertiefen.
Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen von AGOA auf beide Regionen
Für afrikanische Volkswirtschaften trägt AGOA wesentlich zur Unterstützung formeller und informeller Arbeitsplätze bei. In Lesotho etwa hängt die Textilbranche, die rund 45 % der Gesamtexporte ausmacht, stark von AGOA ab. Tausende Arbeitnehmerinnen, überwiegend Frauen, würden ihren Arbeitsplatz verlieren, falls das Gesetz nicht erneuert wird. Zwar gibt es informelle Gespräche über eine einjährige Übergangsverlängerung, jedoch fehlen bindende Vereinbarungen, was die Planungssicherheit für Unternehmen gefährdet.
Auch für die USA ist AGOA wirtschaftlich von Vorteil. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen haben durch neue Handelsmöglichkeiten, insbesondere im Agrarbereich, profitiert. Viele US-Unternehmen betrachten AGOA als wachstumsorientierten Ansatz, der zudem die amerikanische Wettbewerbsfähigkeit in Entwicklungsmärkten stärkt. Gleichzeitig verringert es die Abhängigkeit von anderen Volkswirtschaften, da alternative Bezugsquellen erschlossen werden.
Dennoch bleibt das Problem der Unterauslastung gravierend. Nur wenige förderfähige Länder schöpfen das volle Potenzial des zollfreien Zugangs aus. Defizite bei Infrastruktur, fehlende Handelsdienstleistungen und schwache Institutionen stellen zentrale Hürden dar. Dies zeigt, dass eine bloße Verlängerung nicht ausreicht, sondern auch Investitionen in Infrastruktur und Kapazitätsaufbau nötig sind.
Politische und gesetzgeberische Herausforderungen bei der Erneuerung von AGOA
Die innenpolitische Blockade in den USA erschwert die Verlängerung von AGOA. Zwar unterstützt die Biden-Administration den Fortbestand, doch konkrete politische Schritte bleiben aus. Auch bilaterale Gespräche wie die erwartete Handels- und Investitionspartnerschaft (STIP) mit Kenia sind gescheitert, was das Vertrauen in das US-Engagement schwächt.
Das AGOA-Erneuerungs- und Verbesserungsgesetz im Kongress ist ein Fortschritt, könnte aber an legislativen Hürden und konkurrierenden Prioritäten scheitern. Außenhandelspolitik wird derzeit von Debatten über Staatsausgaben, Verteidigungsbudgets und wahlpolitische Dynamiken überlagert – selbst wenn strategische Interessen betroffen sind.
Sowohl afrikanische Diplomaten als auch US-Wirtschaftsvertreter drängen auf beschleunigtes Handeln. Verzögerungen gefährden nicht nur die Kontinuität des Handels, sondern untergraben auch die Glaubwürdigkeit der USA. Einige afrikanische Staaten suchen bereits Alternativen bei China, der EU oder den Golfstaaten, um mögliche Handelsunterbrechungen abzufedern.
Neue Ausrichtungen und Zukunftsperspektiven über AGOA hinaus
Zukünftig prüfen afrikanische und US-Akteure Möglichkeiten, AGOA zu modernisieren und seinen strategischen Umfang zu erweitern. Vertreter der Afrikanischen Union betonen, dass AGOA mit den Zielen der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (AfCFTA) verknüpft werden sollte, um afrikanische Märkte stärker zu integrieren und die Abhängigkeit vom Außenhandel zu verringern.
US-Politikgestalter denken über Reformen nach, die AGOA in größere Investitionsmodelle einbetten könnten. Dazu gehören digitale Handelsbestimmungen, Kooperationen im Bereich erneuerbare Energien sowie gestärkte Arbeits- und Umweltstandards. Auch Infrastrukturfinanzierungen, insbesondere im Transport- und Logistikbereich, stehen im Fokus, um bestehende Handelsengpässe zu beseitigen.
Neue Kooperationsfelder umfassen saubere Energie und digitale Innovation. Entwicklungsfinanzierungsinstrumente der USA – wie der BUILD Act und Prosper Africa – werden auf eine Ergänzung von AGOA ausgerichtet, indem sie Investitionen in Kapazitätsaufbau und Unternehmertum fördern. Afrikanische KMU sind zudem ein Ziel der US-International Development Finance Corporation (DFC), die langfristige Kapitalinvestitionen bereitstellt.
Strategisch bietet die Erneuerung von AGOA die Chance, die US-Afrika-Beziehungen über bloßen Handel hinaus zu vertiefen – durch Förderung von Regierungsreformen, transparenter Institutionen und die Einbindung der Zivilgesellschaft. Gegenseitiger Nutzen muss sichergestellt werden, damit Politikansätze sowohl auf die Herausforderungen als auch die Chancen des afrikanischen demografischen Wachstums reagieren können.
Das Auslaufen von AGOA im Jahr 2025 stellt die US-Präsenz in Afrika auf die Probe. Eine rechtzeitige Erneuerung bedeutet nicht nur Marktzugang, sondern auch ein Bekenntnis zu gemeinsamer Prosperität und Partnerschaft. Angesichts der wachsenden Präsenz Chinas und anderer globaler Akteure müssen die USA entscheiden, ob sie ihre Rolle durch moderne und aktualisierte Gesetze festigen – oder riskieren, in einer Region an Relevanz zu verlieren, die künftig im Zentrum globaler Expansion stehen wird.