Die veralteten Lobbygesetze im Vereinigten Königreich ermöglichen es Unternehmen aus der fossilen Energiebranche, übermäßigen Einfluss auf Klima- und Energiepolitik auszuüben – und damit wirksame Maßnahmen gegen die Klimakrise massiv zu untergraben.
Wie oft treffen sich fossile Lobbyisten mit Ministern?
Seit der russischen Invasion in der Ukraine haben Lobbygruppen der fossilen Industrie wie Offshore Energies UK (OEUK) mehr als 210 Treffen mit britischen Regierungsmitgliedern abgehalten. Sie beeinflussten dabei politische Entscheidungen zu Projekten wie Investitionsvergünstigungen oder Steuererleichterungen auf Übergewinne, die fossile Energien effektiv fördern.
Allein im Jahr 2023 trafen sich fossile Lobbyisten 343 Mal mit britischen Regierungsbeamten – das entspricht durchschnittlich 1,4 Treffen pro Werktag. Zusätzlich fanden Dutzende Treffen mit Ministern statt, darunter auch mit jenen, die für Energiesicherheit und Netto-Null-Strategien zuständig sind. Beteiligte Unternehmen waren unter anderem BP, Shell und EDF Energy.
Auch die meisten britischen Großbanken finanzieren weiterhin fossile Projekte in einem Ausmaß, das mit ihren Klimaversprechen unvereinbar ist – trotz offiziell angestrebter Netto-Null-Ziele.
Besonders intensiv war das Lobbying während entscheidender politischer Prozesse wie dem Entwurf des Energy (Oil and Gas) Profits Levy Bill im Juni 2022. Damals erreichte die Lobbytätigkeit einen Höhepunkt: doppelt so viele Treffen wie in den Vormonaten und Empfänge im Parlament, um Abgeordnete und Lords auf ihre Seite zu ziehen. Solche Veranstaltungen beeinflussen direkt die Gesetzgebung und verhelfen der fossilen Industrie zu Steuervorteilen und Investitionszuschüssen – statt sie für Emissionen zu bestrafen.
Wie beeinflussen Parteispenden die britische Klimapolitik?
Im Vergleich dazu trafen sich bedeutende Klima- und Sozialorganisationen im selben Zeitraum lediglich 33 Mal mit Regierungsvertretern – ein klares Machtungleichgewicht.
Interessen aus der fossilen Industrie spendeten zudem Millionenbeträge an politische Parteien. Allein an die Konservativen flossen zwischen 2019 und 2024 mindestens 8,4 Millionen Pfund aus fossilen, umweltschädlichen oder klimaleugnenden Quellen. Auch Labour-Abgeordnete erhielten seit Mitte 2024 mindestens 45.000 Pfund.
Die Verbindung zwischen Spenden und fossilen Politiken ist offensichtlich: Das „North Sea Transition Deal“ von 2021 wurde beispielsweise nach Zahlungen in Höhe von mindestens 420.000 Pfund aus der Öl- und Gasbranche unterzeichnet. Trotz der Vereinbarung, keine neuen Förderlizenzen zu vergeben, wurde die fossile Förderung fortgesetzt – entgegen internationaler Appelle, keine neuen fossilen Projekte mehr zu genehmigen.
Welche Schlupflöcher gibt es im britischen Lobbyrecht?
Die bestehenden Lobbyvorschriften im Vereinigten Königreich sind lückenhaft. Nur externe Beratungsfirmen müssen sich registrieren – nicht jedoch unternehmensinterne Lobbyisten, auch wenn sie fossile Konzerne vertreten. Dadurch bleibt ein Großteil der Lobbyaktivitäten intransparent und unreguliert.
Welche Reformen könnten für mehr Transparenz sorgen?
Zivilgesellschaftliche Gruppen fordern die britische Regierung auf, den Zugang der fossilen Industrie zu politischen Entscheidungsträgern ähnlich strikt zu reglementieren wie jenen der Tabakindustrie. Vorgeschlagen werden unter anderem:
- ein Verbot von Parteispenden aus der fossilen Industrie,
- eine Begrenzung der Lobbytreffen mit Abgeordneten,
- strengere Regeln gegen die „Drehtür“-Effekte zwischen Politik und fossiler Wirtschaft,
- eine Ausweitung der Transparenzpflichten auf alle Lobbyisten – auch auf unternehmensinterne sowie gemeinnützige Akteure,
- und deutlich höhere Strafen bei Verstößen.
Solche Reformen sind unerlässlich, um demokratische Prozesse vor einseitigem Lobbyeinfluss zu schützen und eine glaubwürdige Klimapolitik umzusetzen.