Laut neuen Daten von Transparency International nimmt der Druck von Lobbyisten auf EU-Abgeordnete in verteidigungsbezogenen Fragen deutlich zu. Im vergangenen Jahr organisierten Lobbyisten von Rüstungsunternehmen, Branchenverbänden und Beratungsfirmen insgesamt 197 Treffen.
Seit Beginn der neuen Legislaturperiode des Europäischen Parlaments im Juni 2024 erlebt Brüssel einen deutlichen Anstieg lobbyistischer Aktivitäten im Verteidigungsbereich. Zwischen Juni 2024 und dem 17. Juni 2025 wurden 197 Treffen von Lobbyisten organisiert – ein erheblicher Anstieg im Vergleich zu den 78 Treffen, die in den fünf Jahren zuvor stattfanden.
Was erklärt den starken Anstieg der Lobbyaktivitäten?
Transparency International berichtet, dass deutsche Europaabgeordnete mit 55 Treffen im letzten Jahr am aktivsten in verteidigungspolitischen Verhandlungen waren. Bulgarien folgt mit 19 Treffen, gefolgt von der Tschechischen Republik mit 7, Polen und Lettland mit jeweils 6, Spanien mit 15, Finnland mit 10 sowie Italien und Dänemark mit je 9 Treffen.
Einige Interessensgruppen zeigen auch aufgrund deutlich gestiegener Lobbybudgets eine stärkere Präsenz im Parlament als andere.
Beispielsweise organisierte RTX, ein US-amerikanischer Hersteller im Luft- und Raumfahrt- sowie Verteidigungsbereich, zehn Treffen mit Mitgliedern des Industrie-, Sicherheits- und Verteidigungsausschusses, um über die Zukunft der europäischen Verteidigung, die Umsetzung der Europäischen Verteidigungsindustriestrategie (EDIS) und den Aufbau eines starken europäischen Verteidigungssektors zu sprechen.
Die Aerospace, Security and Defence Industries Association of Europe (ASD) veranstaltete bisher zwölf Treffen mit EU-Abgeordneten – im Vergleich zu nur zwei während der vorherigen Legislaturperiode. Auch das zeigt eine deutliche Zunahme der Kontakte zu EU-Offiziellen im Parlament.
Die ASD vertritt 26 bedeutende europäische Unternehmen, darunter Branchengrößen wie Airbus, Leonardo, Thales und Rheinmetall, sowie 23 nationale Verbände. Laut den jüngsten Daten im Transparenzregister der EU gab die ASD im Jahr 2023 zwischen 300.000 und 399.999 Euro für Lobbyarbeit bei EU-Institutionen aus und beschäftigte neun Teilzeit-Lobbyisten.
Neue Transparenzregeln – mehr Treffen, aber auch mehr Schattenzonen
Im September 2023 hat das Parlament seine Regeln überarbeitet, um alle EU-Abgeordneten und ihre Assistenten den Transparenzstandards zu unterwerfen. Diese Änderung könnte zum Teil erklären, warum die Zahl der Treffen gestiegen ist, da sie nun verpflichtet sind, Details jeder geplanten Zusammenkunft mit Lobbyisten offenzulegen. Gleichzeitig eröffnet diese Regelung aber auch Spielraum für inoffizielle Treffen.
Seit Beginn ihres Mandats im Juni letzten Jahres haben 90 Abgeordnete – vor allem aus der rechtskonservativen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), den fraktionslosen Abgeordneten sowie der rechtsextremen Partei Europäische Souveräne Nationen (ESN) – kein einziges Treffen gemeldet.