Bis zum Jahr 2025 hat die US-Regierung unter Präsident Donald Trump das Vorgehen verstärkt, Migranten nicht nur in ihre Herkunftsländer zurückzuführen, sondern auch in andere Staaten abzuschieben, zu denen sie keinerlei persönliche Bindung haben. Dieses Vorgehen geriet erneut ins Zentrum der Kritik, nachdem der Oberste Gerichtshof der USA im Juni 2025 ein bahnbrechendes Urteil fällte, das Abschiebungen ohne gerichtliche Kontrolle ermöglicht.
Das Urteil hob eine einstweilige Verfügung einer unteren Instanz auf, die Migranten mindestens 15 Tage Zeit eingeräumt hatte, ihre Abschiebung anzufechten. Damit ermöglichte das Urteil dem Department of Homeland Security (DHS) erneut, Migranten in Länder wie Südsudan, Libyen, Senegal, Liberia und Guinea-Bissau abzuschieben – Staaten mit instabilen politischen Verhältnissen und unzureichender Infrastruktur. Ob diese Praxis legal ist, und ob sie ethisch vertretbar ist, sorgt derzeit für heftige Debatten.
Rechtliche und menschenrechtliche Bedenken
Urteil des Supreme Court und Abbau rechtsstaatlicher Verfahren
Am 23. Juni 2025 erließ der Oberste Gerichtshof eine knappe, nicht unterzeichnete Entscheidung, mit der eine Klage im Zusammenhang mit dem US-Zensus abgewiesen wurde. Diese Entscheidung beseitigte rechtliche Hürden, die zuvor Abschiebungen in Drittstaaten verzögert hatten, und ermöglicht nun schnelle Rückführungen mit minimaler oder keiner rechtlichen Überprüfung.
In einem 19-seitigen Minderheitenvotum kritisierte Richterin Sonia Sotomayor das Mehrheitsurteil scharf:
„Es setzt Tausende der Gefahr von Folter oder Tod aus.“
Sie argumentierte, dass die Entscheidung gegen amerikanische Verfassungsnormen und internationale Verpflichtungen verstoße. Diese Kritik teilen zahlreiche Juristen und Menschenrechtsexperten, die das Urteil als Beginn eines fundamentalen Wandels im US-Einwanderungsrecht sehen.
Gefahren in den Aufnahmeländern
Viele dieser Drittstaaten bieten weder rechtlichen noch humanitären Schutz für abgeschobene Personen. Südsudan, ein aktuelles Ziel von Abschiebungen, ist weiterhin von inneren Konflikten, Nahrungsmittelknappheit und politischem Chaos geprägt. Dort landen die Betroffenen oft in einem Umfeld ohne Sicherheit – bedroht von Gewalt, Erpressung oder Zwangsrekrutierung in Milizen.
Auch Libyen wird von den Vereinten Nationen regelmäßig als Brennpunkt für Menschenhandel und Missbrauch genannt – besonders gegenüber Migranten. Abschiebungen in solche Länder werfen ernste Fragen hinsichtlich der Einhaltung des völkerrechtlichen Non-Refoulement-Prinzips auf, das Staaten verbietet, Menschen in Länder zurückzuschicken, in denen ihnen Verfolgung oder Folter droht.
Ethische Dimensionen der Verantwortungsteilung
Untergrabung von Non-Refoulement und Flüchtlingsschutz
Internationale Verträge wie die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 oder die UN-Antifolterkonvention untersagen Abschiebungen in Staaten, in denen Betroffenen Gefahr droht. Doch den meisten Abgeschobenen wird aufgrund fehlender Rechtsberatung und unzureichender Prüfverfahren nicht die Möglichkeit gegeben, auf diese Schutzrechte zu pochen.
Die US-Regierung umgeht diese Schutzmechanismen, indem sie Staaten einseitig als „sicher“ deklariert – ohne unabhängige Prüfung. In der Praxis basiert diese Einstufung häufig auf politischen Erwägungen statt auf objektiven humanitären Kriterien.
Die Frage des Einverständnisses der Aufnahmeländer
Auch das Einverständnis der Drittstaaten ist umstritten. Guinea-Bissau hat öffentlich abgelehnt, Nicht-Staatsbürger als abgeschobene Personen aufzunehmen, da diese dem Staat nicht unterstellt werden könnten. Beobachter vermuten, dass manche Staaten durch finanzielle Anreize, diplomatischen Druck oder militärische Abkommen zur Zustimmung bewegt wurden – ein ethisch fragwürdiger Vorgang.
Solche intransparenten Abkommen untergraben das Vertrauen der Öffentlichkeit und bringen sowohl Migranten als auch die aufnehmenden Länder in prekäre Lagen.
Die menschlichen Auswirkungen der Abschiebepolitik
Die von diesen Abschiebungen betroffenen Personen sind häufig Asylsuchende, Opfer von Menschenhandel oder Menschen, die seit Jahren in den USA gelebt haben. Viele werden ohne Vorwarnung abgeschoben, von ihren Familien getrennt und ohne Eigentum oder Ausweisdokumente zurückgelassen. Sprachbarrieren und fehlende Rechtsberatung machen sie besonders verwundbar.
Berichte dokumentieren Fälle, in denen Migranten in unbekannten Städten abgesetzt wurden, keinen Zugang zu Unterkünften erhielten oder sofort inhaftiert wurden. Manche versuchten, auf noch gefährlicheren Wegen in die USA zurückzukehren – mit lebensgefährlichen Konsequenzen.
Politischer und diplomatischer Rahmen
Neue Ausrichtung der Einwanderungskontrolle
Die Einwanderungspolitik der Trump-Regierung im Jahr 2025 setzt weiterhin auf Abschreckung und harte Durchsetzung. Außenminister Marco Rubio erklärte, dass die Abschiebungen in entlegene Drittstaaten dazu dienen, irreguläre Einwanderung zu verhindern, indem die Folgen unberechenbar und gravierend gemacht werden.
Diese Position passt zur allgemeinen Kommunikationsstrategie der Regierung: Einwanderung ist eine Frage der nationalen Sicherheit – nicht der humanitären Verantwortung. Während diese Sichtweise in konservativen Kreisen Zustimmung findet, stößt sie bei Juristen und Menschenrechtsgruppen weltweit auf scharfe Kritik.
Diplomatie mit afrikanischen Staaten
Im Juli 2025 fand im Weißen Haus ein Gipfel mit afrikanischen Staatschefs statt, bei dem auch über Abschiebeabkommen gesprochen wurde. Einige afrikanische Regierungschefs äußerten Bedenken, da ihre Länder bereits unter hoher Arbeitslosigkeit und schwachen öffentlichen Diensten leiden.
Manche Regierungen unterzeichneten solche Abkommen offenbar unter wirtschaftlichem Druck. Das senegalesische Außenministerium veröffentlichte eine Erklärung, in der es die USA aufforderte, ihre Politik zu überdenken. Die bilateralen Beziehungen könnten sonst unter der Instabilität solcher Maßnahmen leiden.
Kritische Stimmen und Widerstand
In einem Interview mit BBC News sprach der kenianische Journalist und internationale Korrespondent Larry Madowo über die US-Abschiebepolitik. Er betonte, dass solche Maßnahmen nicht nur lokale Stabilität gefährden, sondern auch diplomatische Beziehungen belasten und grundlegende Rechte missachten:
„Diese Politik ignoriert Gerechtigkeit, Souveränität und Menschlichkeit. Sie macht Afrika zum Grab ungeliebter Migranten aus den USA.“
You may be deported from America and sent to Rwanda, even if you're not from there. "Illegal aliens" could be heading to Africa soon.
— Larry Madowo (@LarryMadowo) May 5, 2025
President Kagame's government is in talks with the Trump administration to accept the "most despicable human beings" as a favor to the US pic.twitter.com/MKkiRa82FT
Auch Organisationen wie die American Civil Liberties Union und Human Rights Watch haben Klagen eingereicht, um diese Praktiken zu stoppen, die aus ihrer Sicht grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien verletzen.
Auswirkungen auf die globale Migrationspolitik
Die USA stehen mit dieser Strategie nicht allein da. Die EU hat ähnliche Abkommen mit Tunesien und Libyen, Großbritannien verfolgt einen Abschiebeplan nach Ruanda. Kritiker sehen darin kurzfristige Lösungen, die das Problem lediglich verlagern und nicht an den Ursachen der Flucht ansetzen.
Diese Tendenz schwächt internationale Solidarität und untergräbt das Asylrecht, das nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurde. Je stärker Staaten wie die USA ihre Migrationskontrolle auslagern, desto geringer ist die Aussicht auf einheitliche, menschenwürdige Standards weltweit.
Zwischen Sicherheitslogik und moralischer Verantwortung
Zwar steht es Staaten zu, ihre Grenzen zu schützen. Doch dieses Recht muss im Einklang mit internationalem Recht, Menschenrechten und ethischen Grundsätzen stehen. Die Abschiebung von Menschen in Länder, zu denen sie keinen Bezug haben und in denen sie schutzlos Gefahren ausgesetzt sind, stellt eine massive moralische Hypothek dar.
Solche Maßnahmen schwächen die internationale Glaubwürdigkeit der USA und ihr historisches Selbstverständnis als Menschenrechtsverfechter. Wenn Abschiebung gleichbedeutend mit Aussetzung wird, ist das ein Rückschritt für alle, die an humanitäre Werte glauben.
Das Konzept der Drittstaaten-Abschiebung wirft eine grundlegende Frage auf: Wie viele Rechte dürfen geopfert werden – und für wen? Für die Betroffenen ist die Antwort oft schmerzhaft real und unwiderruflich.
Dieser globale Wandel zwingt die Weltgemeinschaft dazu, neue Migrationssysteme zu schaffen – solche, die auf Würde, Fairness und Respekt basieren. Nur dann wird die Zukunft der Mobilität gerecht und nachhaltig gestaltbar sein – für Millionen Menschen, die nach einem sicheren Zufluchtsort suchen.