Im August 2025 unterzeichnete Uganda ein bilaterales Abschiebeabkommen mit den Vereinigten Staaten. Im Rahmen dieses Abkommens wird Uganda eine Gruppe von nichtstaatsangehörigen Migranten aufnehmen, die in den USA inhaftiert wurden.
Zielgruppe dieser Politik sind Drittstaatsangehörige ohne Vorstrafen und unbegleitete Minderjährige. Obwohl offizielle Stellen betonen, dass es sich um eine temporäre und humanitäre Maßnahme handelt, bleiben viele Details unklar darunter Auswahlkriterien, Verfahrensmechanismen und Unterstützungsangebote.
Ugandische Beamte sprachen davon, dass es sich „hauptsächlich um Personen afrikanischer Herkunft“ handelt, ohne jedoch Zahlen zur erwarteten Aufnahme zu nennen. Das Abkommen ergänzt das breitere Durchsetzungskonzept der Trump-Regierung im Jahr 2025, das ähnliche Abschiebevereinbarungen mit Ländern wie Honduras und Ruanda beinhaltet. Grundlage des Vorgehens sind US-Einwanderungsgesetze, die Rückführungen in als „sicher“ geltende Drittstaaten erlauben.
Ugandas Auswahl durch die USA reflektiert strategische Überlegungen insbesondere bestehende Migrationsinfrastrukturen und frühere Erfahrungen in der Flüchtlingsaufnahme. Doch genau diese Faktoren werfen nun Fragen zur rechtlichen Vorbereitung und zur langfristigen Aufnahmekapazität auf.
Herausforderungen für die Souveränität und Ausschluss des Parlaments
Das Abkommen sorgte im Inland für Empörung, da es unter Ausschluss des ugandischen Parlaments verhandelt wurde. Dieser Vorgang verstößt laut Oppositionspolitikern und zivilgesellschaftlichen Organisationen gegen demokratische Grundprinzipien. Der führende Oppositionsabgeordnete Ibrahim Ssemujju kritisierte, die Exekutive habe das Abkommen absichtlich geheim gehalten, um einer öffentlichen Debatte zu entgehen und sich der US-Regierung anzunähern möglicherweise als Reaktion auf rückläufige Hilfsgelder und gezielte Sanktionen gegen Eliten.
Der ehemalige Oppositionsführer Mathias Mpuuga bezeichnete das Abkommen als „stinkendes Komplott“ und warnte vor langfristigen Konsequenzen für die nationale Souveränität und die Überlastung bereits angeschlagener Verwaltungsstrukturen. Uganda ist bereits jetzt das größte Flüchtlingsaufnahmeland in Afrika, mit über 1,8 Millionen Geflüchteten – was sofort Fragen zur Belastbarkeit des Systems bei zusätzlichen Abschiebungen aufwirft.
Rechtliche Inkohärenzen und institutionelle Defizite
Juristische Experten äußern Besorgnis über die Intransparenz bei der Behandlung der Abgeschobenen nach ugandischem Recht. Der Menschenrechtsanwalt Nicholas Opiyo aus Kampala betont, dass viele der abgeschobenen Personen über keine gültigen Papiere verfügen werden. Ohne rechtliche Schutzmaßnahmen oder klare Verfahren könnten Menschenrechte auf nationaler wie internationaler Ebene verletzt werden.
Weitere Fragen bleiben offen: Wo werden die Migranten untergebracht? Welche Behörden sind zuständig? Und welchen rechtlichen Status erhalten die Rückgeführten bei ihrer Ankunft? Mangels eines öffentlich zugänglichen Memorandums sind Justiz und Zivilgesellschaft auf Spekulationen angewiesen.
Menschenrechtliche und humanitäre Auswirkungen
Das ugandische Flüchtlingssystem ist bereits jetzt operativ überlastet. Hilfsorganisationen warnen, dass ein zusätzlicher Zustrom – vor allem bei unklarer Rechtslage – die Situation weiter verschärfen könnte. Sozialdienste wie Gesundheitsversorgung, Rechtsbeistand und Unterkünfte sind in vielen Regionen unterfinanziert. Die plötzliche Aufnahme abgeschobener Personen kann Systeme destabilisieren und soziale Spannungen verschärfen.
Zudem wurde das Abkommen dafür kritisiert, schutzbedürftige Gruppen wie LGBTQ+-Personen oder politische Asylsuchende weiteren Gefahren auszusetzen. Ugandas Umgang mit sexuellen Minderheiten steht seit Langem international in der Kritik. Kritiker sehen in der Rückführung von Migranten unter solchen Bedingungen einen Verstoß gegen das Non-Refoulement-Prinzip der internationalen Menschenrechte.
Einzelfälle und öffentliche Debatte
Die öffentliche Kritik verschärfte sich durch einzelne Abschiebefälle, die die Schwächen des Abkommens offenlegen. Der Fall von Kilmar Abrego Garcia, einem Salvadorianer mit Schutzstatus in den USA, sorgte für weltweite Empörung. Garcia lebte über ein Jahrzehnt in den USA und wurde wegen Verfahrensverzögerungen in seinem Asylantrag nach Uganda abgeschoben ein Staat, mit dem er keinerlei Verbindung hat. Der Fall steht beispielhaft für die Willkür der neuen US-Abschiebepolitik.
Solche Einzelfälle machen deutlich, wie vage formulierte Abkommen zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Ohne ausreichende Prüfmechanismen oder Rechenschaftspflichten geraten selbst Schutzberechtigte leicht zwischen die Räder geopolitischer Interessen.
Politische und diplomatische Dynamik
Das Migrationsabkommen zeigt auch einen Wandel in Ugandas außenpolitischer Strategie gegenüber den USA. Präsident Yoweri Museveni pflegte traditionell eine enge sicherheitspolitische Partnerschaft mit Washington, insbesondere in der Terrorismusbekämpfung und bei Friedensmissionen in Ost- und Zentralafrika. In jüngster Zeit ist diese Beziehung jedoch durch Governance-Fragen und Menschenrechtssanktionen belastet.
Die Aufnahme abgeschobener Migranten könnte als Versuch interpretiert werden, sich als verlässlicher Partner der US-Regierung zu positionieren, um diplomatischen Druck entgegenzuwirken. Beobachter werten das Vorgehen als transaktionalen Brückenschlag, der jedoch auf Kosten demokratischer Legitimation und institutioneller Stärke geht.
Die US-Botschaft in Kampala verteidigte das Abkommen als Teil umfassender Maßnahmen zur Grenzsicherung und Rechtsdurchsetzung. Man betont, dass alle Rückführungen nach vereinbarten Standards erfolgen – diese Standards wurden bislang jedoch nicht veröffentlicht.
Transparenz und Rechtsschutz
Ein prominenter Kritiker forderte öffentlich Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und den Schutz der Migrantenrechte gemäß internationalen Verträgen. Diese Stellungnahme spiegelt eine breitere Sorge ugandischer Juristen und zivilgesellschaftlicher Gruppen wider: Ein Mangel an Rechtsgarantien könnte die demokratischen Normen und die internationale Glaubwürdigkeit des Landes untergraben.
Africa’s largest refugee-hosting country is facing backlash over US migrant dealhttps://t.co/S7h8D3PaNH
— Jimmy Kiberu (@KiberuJimmy) August 30, 2025
Ob die Rechte der Rückgeführten tatsächlich gewahrt werden, hängt davon ab, ob die Regierung bereit ist, die Vertragsinhalte offenzulegen, relevante Akteure einzubeziehen und rechtliche Schutzmaßnahmen zu etablieren.
Globale Migrationspolitik versus nationale Verantwortung
Ugandas Beteiligung an dem Abschiebeabkommen ist eine ungewöhnlich direkte Intervention in die globale Migrationspolitik. Das Land wird dadurch nicht nur zum regionalen Zufluchtsort, sondern auch zum operativen Knotenpunkt internationaler Abschiebungslogistik. Diese neue Rolle bringt jedoch enorme Herausforderungen mit sich, insbesondere bei der Balance zwischen staatlicher Souveränität, institutioneller Integrität und menschenrechtlichen Standards.
Die eigentliche Bewährungsprobe steht bevor. Wenn die Abschiebungen beginnen, müssen ugandische Behörden mit einer vielschichtigen Bevölkerungsgruppe umgehen, deren Herkunft und Bedürfnisse stark variieren können. Das Rechtssystem muss sich anpassen – für Fälle unklarer Staatsangehörigkeit, rechtlicher Schwebezustände und konkurrierender internationaler Verpflichtungen. Ohne institutionelle Bereitschaft riskiert Uganda nicht nur die Aufnahme von Migranten, sondern auch den Import von juristischen und ethischen Konflikten, die mit der US-Migrationspolitik verbunden sind.
Im Jahr 2025, in dem migrationspolitische Entscheidungen zunehmend durch bilaterale Deals und sicherheitspolitische Logik geprägt sind, werden die Folgen für Menschenrechte und Regierungsführung in Ländern wie Uganda unübersehbar. Das Abkommen bringt kurzfristige diplomatische Vorteile, birgt aber langfristige Risiken, die Ugandas politische Landschaft und seine Rolle in der globalen Migrationsordnung nachhaltig verändern könnten.