Die Beziehungen zwischen den USA und Dänemark gerieten im August 2025 in eine schwere Krise. Kopenhagen wies den US-Botschafter aus, nachdem bestätigt wurde, dass Vertraute des Präsidenten Donald Trump versucht hatten, die politische Debatte in Grönland zu beeinflussen und proamerikanische Stimmungen zu fördern, um Dänemarks Bindung zu schwächen.
Außenminister Lars Løkke Rasmussen verurteilte die Einmischung als „völlig inakzeptabel“ und als klares Zeichen mangelnden Respekts gegenüber der dänischen Souveränität. Er betonte, dass das verfassungsmäßige Verhältnis Grönlands zu Dänemark ausschließlich eine Angelegenheit der Bürger des Königreichs sei – zu dem Grönland als selbstverwaltetes Territorium gehört. Die dänische Reaktion war eine außergewöhnlich scharfe diplomatische Zurückweisung eines traditionellen Partners, der Vereinigten Staaten.
Zukünftige Beziehungen zwischen Konkurrenz und Kooperation
Der Vorfall verdeutlicht die Spannungen zwischen klassischen Bündnisstrukturen und den Realitäten der Großmachtrivalität im 21. Jahrhundert. Dänemarks entschiedene diplomatische Antwort zeigt, dass selbst enge Verbündete mit inoffiziellen Initiativen umgehen müssen, die zwischen privaten Interessen und strategischer Einflussnahme verschwimmen.
Für Washington stellt sich die Herausforderung, wie strategische Interessen in Grönland und der Arktis gewahrt werden können, ohne einen wichtigen NATO-Verbündeten zu verärgern oder den Eindruck zu erwecken, demokratische Selbstbestimmung zu untergraben. Angesichts wachsender geopolitischer Bedeutung der Arktis – von Rohstoffgewinnung bis zu militärischen Planungen – sind Respekt vor Souveränität und offene Kommunikation essenziell, um Fehleinschätzungen zu vermeiden.
Für Grönland kann der Vorfall eine innenpolitische Debatte über Unabhängigkeit, ausländische Einflussnahme und wirtschaftliche Strategien auslösen. Die Politiker in Nuuk stehen nun vor der doppelten Herausforderung, ihre Souveränität zu behaupten und gleichzeitig mit externem Druck konkurrierender Mächte umzugehen.
Während die Vereinigten Staaten, Dänemark und Grönland ihre Beziehungen nach dem Skandal neu ordnen, stellt sich eine größere Frage: Wie können kleine, aber strategisch wichtige Regionen ihren Einfluss geltend machen, ohne Spielball fremder Interessen in einer zunehmend umkämpften Weltordnung zu werden?
Die verdeckten Operationen und ihre Ziele
Dänischen Geheimdienstquellen zufolge waren seit Mitte 2024 drei US-Amerikaner, darunter zwei ehemalige Trump-Berater, heimlich in Grönland aktiv. Sie sollen Kontakte zu lokalen Aktivisten geknüpft, versucht haben, mediale Narrative zu beeinflussen, und grönländische Politiker beobachtet haben – klassifiziert nach ihrer Offenheit gegenüber US-Interessen oder Unabhängigkeitsbestrebungen.
Das Ziel schien der Aufbau einer separatistischen Bewegung zu sein, die näher an US-amerikanischen strategischen und wirtschaftlichen Interessen liegt. Zwar wird der Wunsch nach Unabhängigkeit in Grönland häufig thematisiert, doch besteht bei der einheimischen Bevölkerung kein Interesse an einer US-Annexion oder einem Protektorat.
Aufbau einer pro-amerikanischen Erzählung
Die verdeckte Kampagne verbreitete angeblich Inhalte, die Grönlands Reichtumspotenzial ohne dänische „Dominanz“ und bei stärkerer US-Anbindung betonten. Verbreitetes Material versprach amerikanische Investitionen, Infrastrukturausbau und Ressourcengewinne – alles unter dem angeblichen Vorzeichen amerikanischer Unterstützung für eine Unabhängigkeit.
Diese Bemühungen ignorierten jedoch die Komplexität grönländischer Identität und die tiefen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Bindungen an Dänemark. Führende grönländische Stimmen warnten wiederholt vor externer Manipulation in Fragen der Selbstbestimmung.
Historischer Kontext und strategische Bedeutung Grönlands
Die geopolitische Relevanz Grönlands ist mit dem Auftauchen der Arktis auf der Weltbühne gewachsen. Das schmelzende Eis eröffnet neue Schifffahrtsrouten und das Land verfügt über bislang unerschlossene Vorkommen an seltenen Erden, die für grüne Technologien und Verteidigungsindustrien entscheidend sind. Der Klimawandel fördert nicht nur den Zugang zu diesen Ressourcen, sondern verschärft auch den Wettlauf der Großmächte um Einfluss in der Region.
Grönlands Lage – zwischen Europa und Nordamerika – macht es zu einem wichtigen Knotenpunkt für militärische und wirtschaftliche Arktisplanungen. Die USA unterhalten bereits den Militärstützpunkt Thule im Nordwesten Grönlands, der Teil ihres Raketenabwehrsystems ist.
Trumps frühere Ambitionen
Das Angebot der Trump-Regierung im Jahr 2019, Grönland zu kaufen, wurde von dänischen und grönländischen Führern als absurd zurückgewiesen. Trump beschrieb den Vorschlag als „großes Immobiliengeschäft“, verwies jedoch auch auf nationale Sicherheitsinteressen. Nach diesem Vorfall waren die diplomatischen Beziehungen angespannt und das grönländische Misstrauen gegenüber amerikanischen Absichten sensibilisiert.
Diese historische Episode zeigt, dass verdeckte Aktionen keine Einzelfälle sind, sondern Teil strategischen Denkens in Teilen des amerikanischen politischen Spektrums.
Dänemarks regionale und internationale Reaktion
Premierministerin Mette Frederiksen betonte die Unterstützung für die Autonomie Grönlands innerhalb des Königreichs und sprach sich gegen jegliche ausländische Einmischung aus. Sie erklärte:
„Wir respektieren Grönlands Weg zur Selbstbestimmung, aber dieser Weg muss frei von äußerer Einflussnahme sein.“
Der dänische Sicherheits- und Nachrichtendienst (PET) warnte in einer Erklärung, dass Einflussoperationen – insbesondere durch ausländische Akteure – bestehende Spannungen ausnutzen und den nationalen Zusammenhalt gefährden könnten. PET wies außerdem auf ähnliche Aktivitäten anderer arktisch interessierter Staaten hin.
Stärkung der europäischen und arktischen Koordination
Kopenhagen wandte sich an europäische Partner und Mitglieder des Arktischen Rats mit dem Appell, die territoriale Integrität in der Region zu respektieren. Dänische Beamte forderten, die arktische Zusammenarbeit müsse auf gegenseitigem Vertrauen und internationalem Recht beruhen. Diskussionen in Brüssel und bei der NATO über hybride Bedrohungen und Informationssouveränität führten zu einem neuen Fokus auf Sicherheit im Informationsraum der Arktis.
Erklärungen der Beteiligten vertiefen die Kluft
Grönländische Politiker reagierten rasch auf die Vorwürfe. Parlamentspräsidentin Aaja Chemnitz warf US-Akteuren vor, die innenpolitische Debatte über Unabhängigkeit zu destabilisieren. Solche Einmischung widerspreche dem Recht Grönlands auf Selbstbestimmung und fördere Spaltungen, die zukünftige politische Entscheidungsprozesse erschwerten.
Auch Außenminister Rasmussen bekräftigte, dass die Solidarität des Königreichs Dänemark „entschlossen verteidigt“ werde. Beide vermieden eine direkte Kritik an der US-Regierung, forderten aber Garantien dafür, dass amerikanische Freunde die Souveränität ihrer Partnerländer sowohl in der offiziellen als auch in der inoffiziellen Diplomatie achten würden.
Das US-Außenministerium reagierte auf die Einbestellung mit der Bekräftigung, die inneren Angelegenheiten Dänemarks und Grönlands zu respektieren. Das Treffen sei „konstruktiv“ verlaufen. Zu den Aktivitäten der mutmaßlich involvierten Privatpersonen äußerte sich das Ministerium nicht, deutete jedoch an, dass es sich um Akteure mit eigenen politischen Absichten handele – nicht um offizielle Vertreter aktueller US-Politik.
Ein weiterführender Kommentar zum Thema hier:
'Denmark, a NATO ally of the U.S., and Greenland have said the island is not for sale and condemned reports of the U.S. gathering intelligence there.'https://t.co/aiX4JRJlDQ
— Dr Can Erimtan (@TheErimtanAngle) August 27, 2025
Zwischen Partnerschaft und Machtpolitik
Der Vorfall ist ein Spiegelbild der Spannung zwischen traditionellen Allianzen und den geopolitischen Realitäten des 21. Jahrhunderts. Dänemarks diplomatische Gegenmaßnahme zeigt, wie selbst engste Verbündete sich mit geheimen Operationen auseinandersetzen müssen, die zwischen privatem Interesse und strategischer Intervention verlaufen.
Für die USA bleibt die Herausforderung, strategische Interessen in der Arktis zu schützen, ohne einen engen NATO-Partner vor den Kopf zu stoßen oder demokratische Selbstbestimmung in Frage zu stellen. Da geopolitische Interessen – von Rohstoffgewinnung bis Militärpräsenz – im arktischen Raum zunehmen, werden Aufmerksamkeit für Souveränität und klare Kommunikation entscheidend sein.
Für Grönland könnte der Vorfall die Debatte über Unabhängigkeit, internationale Beziehungen und wirtschaftliche Planung beschleunigen. Die politische Führung in Nuuk steht nun vor der Aufgabe, einen souveränen Kurs zu steuern und gleichzeitig externe Kräfte im Zaum zu halten.
Während sich die Beziehungen zwischen den USA, Dänemark und Grönland neu ordnen, stellt sich die entscheidende Frage: Wie können geopolitisch bedeutsame, aber staatlich kleine Akteure Einfluss nehmen, ohne unter die Räder fremder Interessen in einer zunehmend umkämpften Weltordnung zu geraten?